Trockene Raumluft im Passivhaus

Luftfeuchtigkeit im Winter erhöhen

Ein Passivhaus zeichnet sich durch ein behagliches Raumklima aus. Dafür sind vor allem die luftdichte Bauweise und die Lüftungsanlage, die zugleich als Heizung fungiert, verantwortlich. Dennoch kann es vor allem im Winter wegen des ständigen Luftaustauschs zu einer geringen Luftfeuchtigkeit im Inneren des Passivhauses kommen, die als unbehaglich empfunden wird. Abhilfe kann die Regulation der zugeführten Außenluftmenge schaffen. Eine hohe Luftwechselrate kann zu geringer Luftfeuchtigkeit im Passivhaus führen.
Trockene Luft tritt im Winter nicht nur im Passivhaus, sondern in fast allen beheizten Gebäuden auf. Es spielt also keine Rolle, ob der Luftaustausch durch das Lüften mit geöffneten Fenstern oder wie im Passivhaus durch eine Lüftungsanlage erfolgt. Allerdings werden durch moderne Lüftungsanlagen deutlich höhere Luftwechselraten erreicht als beim gewöhnlichen Lüftungsverhalten, bei dem die Fenster in der Regel nur gelegentlich geöffnet werden.

Gelangt kalte Luft von außen durch die Lüftungsanlage und den Wärmetauscher ins Innere des Hauses, wird sie auf eine angenehme Temperatur erwärmt. Dadurch verändert sich jedoch ihre relative Luftfeuchte. Vor allem im Winter kann es dadurch zu trockner Luft in den Räumen kommen.

Kalte Luft kann nur geringe Mengen Wasserdampf aufnehmen. Bei drei Gramm Wasser pro Kubikmeter herrscht bereits eine Feuchtigkeit von 90 Prozent bei einer Lufttemperatur von minus fünf Grad Celsius. Das entspricht der Sättigungsfeuchte, also der maximalen Wassermenge, die Luft bei einer bestimmten Temperatur aufnehmen kann. Warme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen, beispielsweise 17,3 Gramm pro Kubikmeter bei einer Temperatur von plus 20 Grad Celsius. Gelangt kalte Außenluft in den Raum, erwärmt sie sich in unserem Beispiel auf 20 Grad Celsius. Während 3 Gramm Wasser pro Kubikmeter bei minus fünf Grad noch eine relative Luftfeuchte von 90 Prozent bedeuteten, entspricht die gleiche Menge Wasserdampf in der erwärmten Luft nur noch einer relativen Luftfeuchte von 17,6 Prozent. Generell gilt deshalb: je mehr Außenluft zugeführt wird, desto stärker der „Verdünnungseffekt“ der Luft und desto geringer die relative Luftfeuchtigkeit im Inneren.

Die relative Raumluftfeuchtigkeit hängt zum einen maßgeblich von der zugeführten Luftmenge, aber auch von der Menge der inneren Feuchtequellen ab. Unter anderem entsteht Wasserdampf durch Zimmerpflanzen, bei der Trocknung von Wäsche, beim Kochen und Duschen. Durch die Lüftungsanlage wird die Feuchtigkeit jedoch rasch aus den Räumen geleitet.

Trockene Raumluft im Passivhaus

Die als behaglich empfundene Raumluftfeuchtigkeit wird in der Fachwelt unterschiedlich bewertet, insbesondere im unteren, trockenen Bereich. Einer Untersuchung der Donau-Universität Krems zufolge können optimale Feuchtigkeitswerte nur in Abhängigkeit von den individuellen Bedürfnissen der Bewohner eines Passivhauses definiert werden. Gemeinhin gilt eine relative Luftfeuchte von 40 bis 60 Prozent als gesund. Trockenere Luft kann sich dagegen nachteilig auf die oberen Atemwege auswirken. Die Symptome reichen von einem Trockenheitsempfinden bis hin zu Entzündungen im Nasen-Rachenraum. Zudem enthält trockene Luft einen höheren Staubanteil, der bei höherer Luftfeuchtigkeit zu Boden sinkt. Es kommt vermehrt zu elektrostatische Phänomenen, die in der Regel als unangenehm empfunden werden. Eine geringe relative Raumluftfeuchtigkeit kann darüber hinaus zu Augenirritationen führen. Das gilt insbesondere während der Heizperiode bei Innentemperaturen ab 22 Grad Celsius. Eine höhere relative Luftfeuchte verbessert dagegen den Tränenfilm über der Netzhaut. Zudem wird Menschen, die an Neurodermitis leiden, eine relative Raumluftfeuchtigkeit von 45 bis 55 Prozent empfohlen.
Andererseits kann sich auch trockene Raumluft positiv auswirken, beispielsweise für Menschen mit einer Hausstaubmilbenallergie. Denn die Milben werden bei einer relativen Luftfeuchte von weniger als 30 Prozent abgetötet. Auch Hitze und Kälte vertragen sie schlecht. Bei eine relativen Luftfeuchte von 50 bis 70 Prozent gedeihen Milben dagegen am besten. Eine zu hohe Luftfeuchtigkeit bewirkt zudem häufig ein Empfinden von „abgestandener Luft“. In konventionellen Gebäuden besteht zudem die Gefahr von Schimmelbildung.

Regelung der Raumluftfeuchtigkeit im Passivhaus

Um auch im Winter eine behagliche Raumluftfeuchtigkeit zu erreichen, können die Mengen der zugeführten Luft verringert werden, so dass die „Verdünnung“ der Luft reduziert wird. Eine Verringerung der Luftwechselrate sollte aber nicht auf weniger als 0,25 im Winter erfolgen, das entspricht einem kompletten Luftaustausch in 4 Stunden und entspricht der notwendigen Grundlüftung. Zudem ist die Berücksichtigung der Anzahl der Bewohner des Passivhauses bei der Auslegung der Anlage bereits in der Planungsphase wichtig. Als Richtwert können 30 Kubikmeter Luft pro Stunde und Person angesetzt werden. Zusätzliche Feuchtequellen wie Zimmerpflanzen können die Luftfeuchtigkeit im Passivhaus ebenfalls erhöhen. Vom Einsatz von Geräten zur Luftbefeuchtung ist aus hygienischen und energetischen Gründen jedoch abzuraten.

Da eine staubfreie, also „saubere“ trockene Luft – ähnlich der Höhenluft - nicht als unangenehm und „zu trocken“ empfunden wird, sollte häufiger mit einem guten Staubsauger mit Feinststaubfilter gesaugt werden. Sinkt die relative Raumluftfeuchtigkeit jedoch unter 30 Prozent (Untergrenze), sollte eine Verringerung der Luftwechselrate erfolgen.

Lüftungsanlagen mit Feuchterückgewinnung gegen trockene Luft im Passivhaus

Der Einsatz von Lüftungsanlagen mit Feuchterückgewinnung ist grundsätzlich möglich, aber unter den Fachleuten umstritten. Eine Variante ist der Rotationswärmetauscher, der neben der Wärme auch die Feuchtigkeit zurückgewinnen kann. Er besteht aus einer wabenförmigen Struktur und rotiert um eine Achse. Bei hohen Temperaturunterschieden ist die Rotationsgeschwindigkeit höher als bei niedrigem Temperaturgefälle. Auf diese Weise wird die Wärmeauf- und Wärmeabnahme kontrolliert. Eine spezielle Beschichtung der Waben ermöglicht zudem einen Feuchteübertrag, so dass der Rotationswärmetauscher eine Rückfeuchtezahl von bis zu 70 Prozent erreicht.
Eine weitere Alternative ist der Enthalpiewärmetauscher mit einer speziellen Membran. Diese fungiert als Wärmetauscher, an dessen Übertragungsflächen sich die Wassermoleküle der Raumluft niederschlagen. Sie wandern durch die Membran und werden dann an die frische Zuluft abgegeben.